Rath

Rath und Unterrath in der Düsseldorfer Geschichte – Landschaftsbildung und erste Besiedlung

Vielen Menschen ist das Neandertal bei Düsseldorf als Synonym für die frühe Menschheitsgeschichte bekannt. Dort, wie auch in der Region nördlich des heutigen Düsseldorf haben während der Steinzeit, etwa nach 180.000 vor Christi Geburt, bereits Menschen gewohnt. Das weiß man durch Funde von Äxten aus Hirschhorn sowie Tongefäßen, Pfeilspitzen, Messern und Beilen aus Stein. Das Gebiet des heutigen Rath liegt am Rande der rheinischen Hochterrasse, dem Übergang vom Niederrhein zum Bergischen Land. Hier steigt das Gelände rasch von 40 m ü. NN auf gut 100 m ü. NN an. Heute ist Rath Teil des Stadtbezirks 6 der Stadt Düsseldorf.

Mammuts, größere Vorfahren der heutigen Elefanten, Höhlenbären und Urpferde durchstreiften damals die Urlandschaft unseres Landstrichs. Auf dem Gelände der Ziegelei Nöcker in Unterrath wurde ein 1,5 m langer Stoßzahn eines Mammuts ausgegraben, der im Löbbecke-Museum besichtigt werden kann. Als vor rund 115.000 Jahren die letzte Eiszeit einsetzte, mussten dieses Mammut, wie auch die meisten der seinerzeit lebenden Tiere und Pflanzen sterben, als die Landschaft des nördlichen Europas unter einem dicken Eispanzer verschwand. Die früheren Wälder liegen als Kohle zusammengepresst unter der Erde.

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Frauensteine aus Sandstein im Aaper Wald auf den Höhen einer alten Endmoräne aus der letzten Eiszeit.
Frauensteine aus Sandstein im Aaper Wald bei Rath auf den Höhen einer alten Endmoräne aus der letzten Eiszeit.

Als es mit dem Beginn des Holozäns vor etwa 11.700 Jahren allmählich wieder wärmer wurde, bildete sich das Rheinbett. Sein Urstromtal war sehr breit und wurde in unserer Region von dem Höhenzug des „Aaper Wald“ begrenzt. Schon die Kelten nannten diesen Wald „Ape“, was soviel wie „mit Gewässern durchzogen“ heißt. Die Römer sagten von ihm, er sei ein „mansus apus“; sie verstanden darunter ein wildes, unbebautes Niemandsland. Darin hausten Riesenhirsche, Elche, Wildpferde, Wisente und Wildschweine.

Blick von den Höhenlagen des Aaper Waldes Richtung Norden (Ratingen & Duisburg) - Foto: Von Colling-architektur - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52288953
Blick von den Höhenlagen des Aaper Waldes zwischen Rath und Hubbelrath Richtung Norden (Ratingen & Duisburg) – Foto: Von Colling-architektur – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52288953

Seit etwa 500 n. Chr. ist der Aaper Wald „Bannwald“, d. h. Gut des Königs. Ein Teil von ihm wurde vom Königshof Rath aus verwaltet. Dieser königliche Bannforst gehörte zu dem großen Waldgebiet, dass zwischen der Ruhr und der Düssel lag. Als Bannforst mit der Ortsbeschreibung „zwischen Ruhr, Rhein, Düssel und dem Weg von Werden nach Köln“ wird dieser Wald 1065 in einer Urkunde erwähnt. Laut dieser Urkunde schenkte König Heinrich IV. den Bannwald neben anderen Bereichen Erzbischof Adalbert von Bremen.
Mitte des 12. Jahrhunderts hatte das Stift Kaiserswerth Rechte im Aaper Wald. In einer Urkunde von 1140 stellte König Conrad III. den Stift unter Reichsschutz und bestätigte „im Besonderen“ das Recht zum „Abholzen im Aap-Forst.“

Das Wörtchen „Aap“ ist heute noch in den alten Hofbezeichnungen „Wolfsaap“, „Tönnesaap“ und anderswo in Ortsnamen wie Lennep (Lennap) enthalten. Vor dem Aaper Wald entwickelte sich unser „Rade vor dem Aap“, also Rath vor dem Wasser.

Landschaftsbildung in und um Rath

Aus der großen Wasserwüste des Urstromtales des Rheins, welches sich zwischen dem heutigen Bett und dem Aaper Wald erstreckte, bildeten sich, zunächst durch Anschwemmung, ein paar kleine Dünen aus. Auf einer von ihnen stand später der Hof „Heiligendonk“; „Donk“ heißt soviel wie „kleine Erhebung“.
Diese kleinen Erhebungen bildeten sich nach und nach zu Inseln wie Kaiserswerth oder Volmerswerth aus; „Werth“ bedeutet „Insel“. Dazwischen zog der Rhein in einer Vielzahl von Haupt- und Nebenarmen daher. Auf den wasserfreien Erhebungen, an die noch Namen wie „an der Lank“, „am Dykhaus“ und „am Donk“ erinnern, errichtete der Mensch seine Hütten aus Holz und Astwerk, dichtete die Wände mit Reisig und Lehm und deckte das Dach mit Schilf des nahen Sumpfes. Jagd und Fischfang lieferten ihm Nahrung, Kleidung, Werkzeuge und Abwechslung im naturverbundenen Lebensablauf inmitten der Rheinarme.

Abschnitte des Rheinlaufs (Ausschnitt) - Von Ulamm - File:Rhein-Karte.png by Daniel Ullrich (Threedots), CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32751894
Abschnitte des Rheinlaufs (Ausschnitt) – Von Ulamm – File:Rhein-Karte.png by Daniel Ullrich (Threedots), CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32751894

Ein Hauptarm des Rheines floss am Aaper Wald entlang. An ihn erinnert der „Hüllstrom“; das war in Rath zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch ein schilfumstandener großer Teich östlich der Bahnstrecke Düsseldorf-Ratingen. Zur Zeit Christi Geburt war das Land bis zum Aaper Wald voller Sümpfe und Moore. Diese vereinigten sich bei Hochwasser wieder zu großen Wasserflächen. Der römische Schriftsteller Tacitus (um 100 n. Chr.) berichtete von “schaurigen Wäldern und stinkenden Sümpfen, die das Land erfüllen“.
Spuren eines früheren Sumpfwaldes wurden bei der Anlegung des Düsseldorfer Flughafens im Boden freigelegt. Der Rhein hatte im Laufe der Jahrhunderte Kies, Lehm, Torf und Schlamm abgelagert. Viele Orts- und Flurbezeichnungen wie Lichtenbroich, Rather Broich, Tiefenbroich oder Mörsenbroich geben heute noch Zeugnis über die frühere Bruchlandschaft von Rath ab. Das Wörtchen „broich“ bedeutet soviel wie „Moorboden“ oder „Sumpf“. Ausgesprochen wird dieses Wort wie „brooch“! Das „i“ soll nur das „o“ dehnen. Es heißt also nicht „Lichtenbreuch“, sondern „Lichtenbrooch“.

Luftbild von Oberrath mit Blick auf den ansteigenden Aaper Wald (Postkarte 1926)
Luftbild von Oberrath mit Blick auf den ansteigenden Aaper Wald (Postkarte 1926)

Zwischen den beiden Moorgebieten von Lichtenbroich und Mörsenbroich wuchs allmählich Sumpfgras. Dieses nannte man „Ried“. Daher rührt noch heute die Straßenbezeichnung „Auf der Reide“ her.
Das Gebiet des heutigen Nordfriedhofs wurde „Geesteberg“ und das Gelände zwischen Wangeroog- und Kalkumer Straße „Geestkant“ genannt. Unter „Geest“ verstand man ein Sandgelände, wie es die Golzheimer Heide darstellte. Daran erinnert noch heute die Straßenbezeichnung „Auf den Geisten“. Dort, wo der Rhein über Wald und Moor Kies abgelagert hatte, entstand eine Kies-Ecke; wer will, kann sie noch heute in der Nähe des „Kieshecker Weges“ suchen.
Auch manche Flur- und Hofnamen weisen auf die Struktur der Landschaft in unserem Bezirk hin: z. B. Icktbuch (Eichenwald), Buscheracker, Hauser Kamp (Kamp = Feld), Roland (Rodeland). Auf der heutigen „Beedstraße“ zogen längs einer alten Landwehr an dem Hofe an der Beed vorbei im Mittelalter die „Hörigen“ zum Fronhof (Königshof); sie wollten dort dem Grundherrn, dem die Bauern damals wie Vieh und Gerät gehörten, ihre „Bede“ bringen; das war eine Art Steuer, um die der Fron, d. h. Herr des Hofes, oder auch der Landesfürst „gebeten“ hatte.

Bilder:

Titelbild: Google Maps Screenshot Stadtbezirk 6

Blick von den Höhenlagen des Aaper Waldes Richtung Norden (Ratingen & Duisburg) – Foto: Von Colling-architektur – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52288953

Grafik Rheinlauf: Abschnitte des Rheinlaufs (Ausschnitt) – Von Ulamm – File:Rhein-Karte.png by Daniel Ullrich (Threedots), CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32751894

Mit Inspirationen aus dem Buch “Rath und Unterrath” des Bürgervereins Unterrath aus dem Jahr 1967